„Willst Du mich nicht vorstellen,
Idenika, du über alle siegende tapfere Kämpferin?“ ...Fragen
über Fragen rasen mir durch den Kopf ...was ist jetzt los? ...wieso
spricht er mich auf diese Art an? ...er weiß scheinbar genau, was
uns hierher geführt hat und ist uns trotzdem ohne Waffen gegenübergetreten
...er scheint sogar auf uns hier gewartet zu haben. „Ja, also, das ist
Horibert von Josual und das meine treue Begleiterin Maria. Doch sagt es
rundheraus, was habt ihr vor? Warum kommt ihr uns ohne Waffen und ohne
Begleitung entgegen? Oder haben uns eure Bogenschützen schon angepeilt?“
„Danke, für Deine Fragen, Idenika.
Doch erst einmal seid gegrüßt ihr beiden Tapferen und herzlich
willkommen in meinem bescheidenen Reich der Wunder. Bogenschützen
und die euch bekannten Waffen gibt es hier schon lange nicht mehr. Hier
ist seit einiger Zeit alles grundlegend verändert worden. Nicht nur
dir wurde damals von mir die Freiheit geschenkt. Im selben Jahr habe ich
allen Bediensteten, Bauern des nahen Gutes, Söldnern und allen anderen,
die für mich in Diensten standen die Freiheit geschenkt.
Ich konnte damals entscheiden, dass
ich auf diese Helfer nicht mehr angewiesen war. Doch dazu nachher mehr.
Kommt mit mir ins Schloss und macht mir die Freude meine Gäste zu
sein.“
„Was ist wenn wir ablehnen? Ihr
wisst sicher, warum wir hier sind?“ Meine Entgegnung scheint ihn nicht
zu überraschen.
„Entscheidet selbst, ich gehe jetzt
voraus zum Schloss und freue mich, wenn ihr folgt“, ist seine Antwort.
Und dann dreht es sich einfach um und geht langsamen Schrittes den sanft
gewundenen Weg voran, der seicht bergauf durch den Wald zum Schloss führt.
„Sag, Maria, was hältst du
davon? Meinst du es ist eine Falle? Kannst du verstehen, was hier vorgeht?“
Ich drehe mich zu Maria um, die ganz bleich an mir vorbei auf den Weg zeigt.
Ich springe blitzschnell herum und sehe gerade noch wie einige Panther
aus dem Dickicht auf den Weg springen, uns kurz ansehen und dann eilends
hinter Horibert von Josual herlaufen.
Er ist unbewaffnet, schießt
es mir durch den Kopf. Auch wenn wir ihn besiegen werden, ist jetzt die
Situation auf einmal anders. Also auf: „Maria, ich muss ihm helfen, er
ist unbewaffnet, komm du in sicherer Entfernung hinterher. Bleib auf keinen
Fall hier allein, falls die Bestien den Weg zurücklaufen sollten,
will ich in deiner Nähe sein. Nimm bitte meine Sachen mit.“
Ich werfe meine geringe Last ab
und laufe so schnell ich kann hinter Horibert von Josual her.
Von vorn nehme ich auf einmal Geräusche
von Pferden wahr. Das werden doch nicht etwa unsere Pferde sein, die uns
hier suchen? Ich laufe noch schneller, da hinter der Biegung scheinen die
Pferde zu sein. Jetzt muss ich sicher schnell handeln. Im Laufen ziehe
ich das kurze leichte Schwert, die Geräusche nehmen zu, gleich kann
ich mehr sehen, jetzt hinter der Biegung...
Stop. Was ist das? Kann das sein?
Sehe ich das wirklich oder träume ich?
Tatsächlich, da steht Horibert
zwischen den Panthern und unseren Pferden. Er scheint sich mit ihnen zu
unterhalten, doch ich höre seine Stimme nicht. Im Näherkommen
trete ich geräuschvoll auf einen morschen Ast und prompt kommt Bewegung
in die kleine Gruppe.
„Es ist schön, dass Du dazu
kommst. Ich mache gerade meine Panther mit euren Pferden bekannt, die nach
dir und Maria gesucht haben. Ich habe ihnen gesagt, dass ihr irgendwo auf
diesem Weg zu finden seid. Roter wollte schon lospreschen, doch Suse hat
ihn gebeten sich wenigstens richtig von uns zu verabschieden.“
„Wie bitte, woher kennt ihr die
Namen unserer Pferde? Und was heißt meine Panther? Wieso laufen die
hier einfach so frei herum? Sind die etwa zahm?“ Ich bin irritiert und
verstehe nicht so richtig.
„Verzeih, vorhin waren Schleicher,
Brummer und Mira, so heißen die drei Schwarzen, wohl in unserer Nähe.
Ich habe es nicht bemerkt, sie sind auch einfach zu gute Schleichkatzen.
Sie sind wie alle Menschen und Tiere in und um Schloss Nirgendwo zahm.
Doch das wirst du nachher bestimmt selbst feststellen. Also, bis nachher,
du wirst doch bestimmt mit Maria kommen. Roter und Suse würden euch
sicher gern begleiten, zumindest haben sie so etwas wie erste Freundschaft
mit den drei Schwarzen geschlossen. Auf Bald...“, gesagt, umgedreht und
einfach weiter den Weg entlanggehend, kann ich ihm nur nachsehen.
Ich bin sprachlos. Roter und Suse
begrüßen mich freudig schnaubend. Singt Horibert diese sonderbare
Melodie, die irgendwie vertraut klingt und ist er es, der da hinten freudig
lacht?
Von der anderen Seite kommen jetzt
auch langsam lauter werdende Geräusche. Ein leises Stöhnen und
mit sich selbst reden ist zu vernehmen. Suse wird sehr aufmerksam und setzt
sich langsam in Bewegung um gleich darauf von Maria erleichtert begrüßt
zu werden. Maria wirf ihre Lasten ab und tanzt um Suse herum, wie sie es
gern zur Begrüßung ihrer anhänglichen Stute macht.
„Was ist passiert? Was ist
mit den wilden Bestien? Woher kommen auf einmal unsere Pferde? Es ist schön,
dass wir unversehrt alle wieder zusammen sind. Kannst du mich jetzt endlich
aufklären?“ Maria platzt bald vor Neugier.
„Es ist alles ganz einfach, Maria.
Ich habe nichts verstanden. Nur soviel ist klar: wir gehen jetzt in das
Schloss. Warum hat Horibert es Nirgendwo genannt, ich denke es heißt
Sonnenberg? So kenne ich es doch auch von früher. Hast du schon einmal
den Namen Nirgendwo gehört? Hat Clarissa de la Pisanto uns nicht immer
nur von Sonnenberg erzählt? Ich bin im Moment sehr durcheinander.
Lass uns den Rest des Weges sehr vorsichtig sein, irgendetwas stimmt hier
nicht.“
„Na, gut, dann bekommt deine treueste
Freundin, die liebe Maria, eben keine noch so kurze Schilderung der Dinge,
die hier vorgefallen sind. Warum sollte so eine dumme Begleiterin auch
erfahren, wie du Horibert aus Lebensgefahr gerettet hast. Sie wird es schon
beizeiten erfahren,“ schmollt Maria mehr zu sich selbst.
„Lass uns jetzt auch den Rest zu
Fuß gehen, ich weiß es ist sicherer und höre auf so eine
Flunsch zu ziehen. Ich bekomme gleich einen Lachkrampf. Es ist alles gutgegangen,
die wilden Bestien sind zahm, wie kleine Kätzchen. Nun aber los, komm...“
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