Immer wieder werde ich nach dieser
Geschichte gefragt. Die Geschichte, die vielleicht ein Märchen werden
sollte und dann so anders ist.
Der Tag ist auf einmal da, strahlend
kommt die Sonne irgendwo dahinten über die Bäume. Zuerst ist
es nur ein rötlicher Ton und dann wird es immer mehr gelb strahlend.
Mein Blick geht langsam über die noch halbschlafende Mannschaft. Wir
sind hier Hunderte, vielleicht sogar inzwischen Tausende, die alle ein
gemeinsames Ziel haben. Wir werden für die Befreiung des Gebietes
sorgen, dass schon lange von dem alleinigen Tyrannen beherrscht wird.
Eigentlich geht es niemandem so
richtig schlecht und doch haben alle das Gefühl, den müssen wir
loswerden, der ist schon viel zu lange da. Und heute soll es geschehen.
Wir müssen lediglich noch über den Fluss, irgendwo dahinten soll
es eine seichte Stelle geben, so das wir alle mit Pferd und Wagen ungefährdet
über den Fluss kommen und nur noch durch einen kleinen Wald, dann
können wir den Angriff sicher erfolgreich durchführen. Sein großes
Schloss, noch niemand von uns hat es gesehen, soll vom Erdboden verschwinden.
Du willst wissen, wer ich bin. Nun
ich bin eine der schnellsten und besten Kämpferinnen im ganzen Reich.
Idenika, das ist der Name unter dem ich bekannt bin. Und immer wenn ich
jemandem bekannt geworden bin, ist er entweder befreit oder er hat schwere
Verluste hinnehmen müssen.
Vor vielen Jahren begann ich als
Kämpferin des Herrschers dieses Gebietes. Irgendwann hat er mich von
meiner offiziellen Aufgabe freigestellt und mir meine vollständige
Freiheit geschenkt. Seit dieser Zeit reise ich Kreuz und Quer durch dieses
Reich und sorge ein wenig für mehr Gerechtigkeit. Ich tauche immer
auf, wenn irgendwer irgendwo in Not ist und eine helfende starke Hand braucht.
Und jetzt soll diese starke Hand
dafür sorgen, dass eben dieser Herrscher, der mir einst die Freiheit
schenkte, verschwindet. Ein wenig merkwürdig ist die Situation schon.
Ich bin es gewohnt als Einzelkämpferin tätig zu sein, lediglich
die kleine Maria hilft mir ab und zu. Ab und zu stimmt so nicht, das wirst
du noch merken. Sie ist immer unauffällig in meiner Nähe und
konnte mir schon viel helfen, meistens indem sie für ein Ablenkungsmanöver
sorgt. Für die meisten ist sie einfach ein wenig tollpatschig, einige
sagen sogar blöd und dieser Eindruck hilft uns manchmal sehr.
Doch zurück zu heute, zu diesem
sanft neblig erwachenden Morgen im Lager der zu allem Entschlossenen. Langsam
kommt ein wenig Bewegung in das Zeltlager. Die alleinige Führerin
dieser Truppe, Clarissa de la Pisanto, ist früher einmal sehr
eng mit dem Herrscher verbunden gewesen, doch das weiß hier kaum
noch jemand. Man spricht nicht darüber. Sie am allerwenigsten, sie
weiß jetzt nur Geschichten von Unterdrückung und Leid durch
den Herrscher zu berichten. Das er weg muss ist hier allen klar.
So eine riesengroße Menschenmenge
aufbrechen zu lassen, das Lager abzubrechen, zu Satteln, alles fertig zu
machen ...das dauert. Ich merke, dass es für mich zu lange dauert.
Und Maria spürt wieder mal, meine Gedanken. Sie zeigt auf ein kleines
Boot, da vorne im Schilfdickicht. Mein Blick geht zu unseren Pferden, die
unsere Unruhe wahrnehmen. Maria versteht und lächelt in Richtung der
Pferde: „Die sind viel besser, als du glaubst, du wirst es auch diesmal
sehen.“
Ohne das wir bemerkt werden, geht
es zum Boot. Die paar Sachen, die wir brauchen haben mit Leichtigkeit Platz.
Und sogar Ruder sind im Boot vorhanden. Langsam geht es durch das undurchsichtige
Schilfdickicht auf den nebligen Fluss. Irgendwo dahinten nehme ich Geräusche
von Pferden wahr. Unsere sind von uns aus dem umzäunten Behelfsgatter
befreit ihrer Freiheit überlassen. Hier im Lager hatten wir sie in
das provisorisch errichtete Gatter geführt, was für unsere beiden
treuen Weggefährten total ungewohnt ist. Sie sind auch die einzigen
Pferde, die ohne Sattel und Zaumzeug geritten werden. Ob sie wohl so gut
reagieren, wie Maria es annimmt.
Vom Ufer ist unsere Abreise nicht
bemerkt worden. Jetzt müssen wir kräftig zupacken, rudern, so
gut wir können. Es ist doch ein wenig Strömung im Fluss. Und
eigentlich müssen wir sehr gerade hinüber. Wir treiben ein wenig
Flussabwärts, doch wir kommen auf den anderen Seite an einer geschützten
Stelle an. Unsere wenigen Habseligkeiten nehmen wir auf unsere Schultern.
Meine Waffen trage ich wie immer in den Gürteln und einige Wurfmesser
an versteckten Stellen.
Da vorne muss das Schloss sein.
Wir müssen wahrscheinlich nur durch den kleinen Wald. Da ist ein Weg,
also los, den leicht ansteigenden Weg durch den Wald entlang. Ein wenig
Vorsicht ist geboten, denn im Schloss wird man uns sicher nicht gerade
freundlich empfangen. Ob die überhaupt von dem bevorstehenden Angriff
etwas mitbekommen haben?
„Guten Morgen, Idenika und das ist
sicher Maria?“ Da steht er mitten auf dem Weg. Ist das nicht der tyrannische
Herrscher, den wir vertreiben, vielleicht sogar töten wollen? Er steht
da offensichtlich allein und ohne Waffen. Hat er auf uns gewartet? Woher
weiß er, das wir hier erscheinen? Ist es vielleicht eine Falle, vielleicht
eine riesengroße Falle in die jetzt die Heerscharen von der anderen
Seite allmählich hineinlaufen?
„Es ist keine Falle und es wird
ganz anders ablaufen, als ihr es erwartet,“ das sind die Worte, die ich
höre. Kann er Gedanken lesen? Wie wird es hier weitergehen?
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