Es ist kalt. Die Luft ist trocken
und beim Atmen spüre ich die Eiskristalle in der Lunge. Langsam kommen
wir voran. Der neuen Heimat entgegen. Im Wagen schaukeln die notdürftig
verpackten Schriften und Aufzeichnungen aus der alten Welt mit den Esswaren,
Töpfen und Gläsern um die Wette. Ich habe in der Ost-Welt alles
zurückgelassen, was ich nicht unbedingt brauche. Auch mein altes Leben
ist dort geblieben mit allen Menschen und Tieren. Die Trennung war ein
Schmerz und eine Befreiung. Mein riesiges wunderschönes Schloß
in der Ost-Welt ist jetzt einsam. Ob dort jemals wieder die Liebe einkehrt
weiß ich nicht. Alle Menschen haben nach und nach der Schloß
verlassen. Als letzte wohnte dort mit mir Freifrau von Vrå, eine
wunderschöne blonde Frau aus einem fernen nordischen Land, die sich
selbst in andere Gestalten verzaubern kann. Zum Schluß wäre
es ein Schloß der einsamen Tränen gewesen, wenn nicht die Freifrau
da gewesen wäre.
Freifrau von Vrå, die mit
einem Zauber belegte Schönheit voller Liebe, kam eines Tages zu mir
und blieb. Jetzt hat sie eine Hundegestalt angenommen. „Als Hündin
ist es für mich am einfachsten die Reise in die West-Welt zu bewältigen.
Das habe ich schon auf meinen vorherigen Reisen erprobt“, sind ihre letzten
Worte und schon ist sie eine blonde Hündin. Die staubbedeckten Wege
beiten manchmal Abwechslungen, es wird der Blick einige Male auf herrliche
Parks mit Schlössern freigegeben. Doch wir müssen immer weiter,
wir dürfen uns nicht aufhalten lassen. Lediglich wenn die Pferde rasten
müssen lohnt es sich einen Moment den Staub aus den Kleidern zu klopfen.
Es kommt mir allmählich vor
wie ein endlose Reise, denn die Freifrau ist natürlich auch kein richtiger
Gesprächspartner, zumindest in ihrer augenblicklichen Form als Hündin.
Wir verständigen uns wortlos, wir lassen einfach unsere Gedanken miteinander
sprechen. Doch da, plötzlich hebt sie die Nase in den Wind. Sicher
riecht sie schon wieder etwas, was ich nicht ausmachen kann. Auf der rechten
Seite der Straße wird der Blick frei auf ein kleines Schloß
mit lustigen Figuren und Lämpchen vor dem Eingang. Da steht auch eine
silberne Kutsche und ein kleiner Wagen, in dem wohl nur ein Zwerg Platz
hat. Wer dort wohl wohnt? Kein Mensch ist weit und breit zu sehen, obwohl
im ganzen Schloß die Lichter brennen. Wir dürfen uns jetzt nicht
aufhalten lassen. Es ist zwar nicht mehr weit bis zu unserem neuen Heim,
aber es wird jetzt dunkel. Im dunkeln zu fahren ist fast unmöglich
und man kommt nur sehr langsam vorwärts. Noch eine Nacht im freien
will ich nicht verbringen.
Da ist ein Hinweis, wie es vorhergesagt
war. Jetzt noch durch das kleine Moor. Da vorne ist schon unser neues Domizil
zu sehen. Der Turm der 1000 Seelen hinter dem kleinen Moor. Einige Lichter
sind hinter den 1000 Fenstern zu sehen. Der Wagen geht in die letzte Kurve
und die Zugpferde freuen sich, daß sie ihre Hauptarbeit bewältigt
haben. Die Pferde schütteln sich ein letztes mal und kommen dann zur
Ruhe. Es ist wundervoll mit diesen neuen leichtgängigen, geräumigen
Kutschen zu reisen. Schnell werden die Pferde versorgt, damit wir uns auch
für die Rücktour auf sie verlassen können. Joachim von Hitzhusen
hat mir seine rote Kutsche für diese Reise geliehen, sonst hätte
ich sicher Wochen für den Transport meiner Habseligkeiten benötigt.
Der Platz vor dem Turm der 1000
Seelen ist für uns geräumt, man erwartet uns. Jetzt wo wir ankommen
kommt Bewegung in den Turm. Viele der 1000 Seelen begrüßen uns.
Die Freifrau von Vrå findet es lustig, sich vorerst weiter als Hündin
zu bewegen. Liegt es etwa daran, daß die gesamte Kutsche leergeräumt
werden muß? Alles muß in den Turm geschafft werden. Unsere
Kammer ist nicht übermässig groß, aber wir dürfen
sie benutzen, wann immer wir wollen. Der Zugang ist nicht durch besonders
viele Gesetze und Regelungen eingeschränkt. Dazu können wir eine
Kochstelle und ein eigenes Baderefugium benutzen. Mit uns wohnen hier viele
liebe und nette Menschen aus allen Bereichen des Universums. Außer......
Da, was ist das? Auf einmal ein
Blitzen und Donnern. Eine alte Herrscherin aus dem Haus der Siechenden
und Leidenden hat mit der blonden Schönheit in Gestalt der Freifrau
von Vrå nicht gerechnet. Sie will hier Siechtum und Leiden verbreiten.
Und jetzt diese strahlende Gestalt der totalen Liebe. Meine Hand will schon
zur Waffe greifen, bis ich von der Freifrau beruhigt werde. Sie übermittelt
mir Ihre Gedanken: In zwei Tagen wird die Herrscherin aus dem Haus der
Siechenden und Leidenden uns lieben, wie wir sie lieben. Gut so soll es
sein. Wir senden ihr unsere Liebe und siehe da, es scheint zu funktionieren:
auf einmal kommt so etwas wie ein Lächeln in das Gesicht der alten
Herrscherin. Die Freifrau geht schwanzwedelnd mit der Herrscherin in ihren
Teil des Turmes.
Um Mitternacht im Vollmondschein
kommt der endgültige Beschluß der Freifrau von Vrå. Sie
hat inzwischen mit den Herrschern des Turmes der 1000 Seelen gesprochen
und eine Vereinbarung für uns getroffen, zumindest sagt sie mir das.
Ab sofort wird sie ihre Hundegestalt nicht mehr verlassen, wenn andere
Menschen aus der Neuen West-Welt anwesend sind. Es sind im Turm der 1000
Seelen viele Gefangene der Angst und des Hasses. Für diese Seelen
ist es erforderlich Situationen und Prüfungen zu schaffen, damit sie
Angst und Haß überwinden und die Freifrau von Vrå paßt
genau zu den Plänen der Herrscher des Turmes und der West-Welt. Gut
da kann man nichts machen, ich werde mich nicht gegen einen Beschluß
auflehnen, der zwischen der Herrschern des Turmes und der Freifrau getroffen
wurde.
Sicher ist die Umgebung hier hinter
dem kleinen Moor ideal für ein Leben auf vier Beinen. Einen Steinwurf
entfernt liegt ein freies unberührtes und geschütztes Gebiet
in der niedriger Bewuchs vorherrscht. Lediglich ein Efeutunnel muß
durchquert werden, der aber leicht passierbar ist. Keine Wache, die einen
beim Betreten des Gebietes kontrolliert, kein Zoll ist zu entrichten. Gleich
hinter diesem Gebiet beginnt das große Wasser hinter steil abfallenden
Ufern. Das ganze Gebiet ist freies Land und darf von jedermann genutzt
werden. Ideal für Seelen auf vier Beinen und für befreite Geister
auf zwei Beinen. Die Herrscherin dieses Gebietes hat auch vielen alten
und jungen Baumseelen eine Heimat gegeben, die von niemand angetastet werden
darf.
Nach unserer ersten Nacht im Turm
der 1000 Seelen müssen wir noch einmal in die Ost-Welt aufbrechen.
Joachim von Hitzhusen muß seine Kutsche zurückerhalten. Diesmal
wird es eine schnelle, tolle Fahrt. Wir haben keinerlei Ladung. Die Freifrau
von Vrå will mich begleiten, das muß sie ab jetzt sowieso immer,
da sie ja jetzt als Hündin mein Eigentum darstellt, zumindest solange
wir hier in der West-Welt sind und ihre Absprache mit den Herrschern des
Turmes der 1000 Seelen gilt. Sie muß ab jetzt immer ein wenig aufpassen,
damit niemand zu sehr erschrickt, wenn sie mit mir Gedankenaustausch betreibt.
Schließlich will sie ja zur Zeit weiter als Hündin leben. Wir
werden uns daran gewöhnen, Tag und Nacht werden wir zusammen sein.
Sie wird ein Beispiel für Treue und hündische Liebe darstellen.
Kaum entfernen wir uns vom Turm
der 1000 Seelen, sind wir auch schon allein im kleinen Moor. Als wir an
dem kleinen Schloß mit den mit lustigen Figuren und Lämpchen
vor dem Eingang vorbeikommen, sehen wir sie. Die Frau dort muß eine
Bewohnerin dieses freundlichen Schlosses sein. Unsere rote Kutsche bleibt
einfach stehen. Die Frau lacht uns an und winkt uns zu. Dann steigt sie
allein in ihre silberne Kutsche und in rasender Fahrt entschwindet sie
mit der Kutsche ohne Kutscher. Ich weiß nicht, was passiert ist.
Warum ist unsere Kutsche einfach stehen geblieben? Woher kenne ich diese
Frau mit den roten Haaren? Ich frage: "Hey du Hündin, was hältst
du davon?" Die Hündin knurrt nur und kuschelt sich wieder ein. Ich
bekomme auch keine Signale ihrer Gedanken. Das kann doch nicht sein? Was
ist mit ihr passiert? Kann sie sich wirklich nicht mehr verwandeln? Ist
sie jetzt "nur" noch eine Hündin? ...eine Hündin, die Freifrau
von Vrå heißt. Ich will ganz schnell aus der West- in die Ost-Welt
dort kann sie sich sicher wieder zurückverwandeln.
Also auf. In rasender Fahrt preschen
wir durch die eisige Landschaft. Die Pferde zeigen was sie können.
Zum Teil sehen wir noch die Spuren der silbernen Kutsche, die offensichtlich
auch in Richtung Ost-Welt gefahren ist. Und dann biegen die Spuren ab in
Richtung großes Wasser. Ich kann es gar nicht erwarten in die Ost-Welt
zu kommen um mit Freifrau von Vrå zu klären, was vorgefallen
ist. Noch ein kurzes Stück in dieser rasenden Fahrt und wir sind schon
im Grenzbereich. Da, die ersten Gebäude der ersten Ost-Welt Stadt
tauchen auf.
Jetzt kommt die Grenze. Wir werden
kontrolliert. Blanke Helme, Säbel, Hellebarden, unsere Papiere will
man sehen. Unsere, nein für Hunde braucht man keine Papiere. Was ist
das? Freifrau von Vrå ist immer noch eine Hündin. Wir sind in
der Ost-Welt und sie ist noch eine Hündin. Sie kann sich nicht mehr
zurückverwandeln. "Freifrau von Vrå? Was ist los?". Sie sieht
mich nur an. So sieht eine Hündin einen eben an. Sie kann nicht mehr
sprechen.
"Es ist alles in Ordnung, fahrt
endlich weiter, ihr haltet die nachfolgenden auf". Natürlich fahre
ich weiter, weg von der Grenze, weg von den Waffen. Nur keine Erörterung
einer Verwandlung einer Hündin zu einer Frau oder umgekehrt. Gar nichts
ist in Ordnung. Was mache ich jetzt bloß? Erstmal muß ich jetzt
die Kutsche zurückgeben. Also auf zu Joachim von Hitzhusen.
In weniger als drei Stunden erreichen
wir seinen Hof. Endlich, ich bin froh, daß er da ist. Er weiß
sicher eine Lösung. "Hallo, du bist ja endlich wieder mit der roten
Kutsche da. Fast habe ich schon geglaubt, die sehe ich nie wieder. Und
deine Hündin ist auch dabei. Willst du Wasser für sie haben?"
Was soll das heißen? Wieso wundert er sich nicht, daß Freifrau
von Vrå eine Hündin ist und auch nach der Fahrt bleibt? Wieso
hat er einen Bart der vor wenigen Tagen doch noch nicht da war? Wieso waren
wir so lange fort, das waren nur drei Tage? Und das merkwürdigste,
wieso ist es hier plötzlich so heiß, wie sonst nur im Hochsommer?
Fragen über Fragen. Erstmal
einen Eimer Wasser über den Kopf, es ist entsetzlich heiß. Das
Wasser tut gut. Jetzt kann ich alles klären. Joachim von Hitzhusen
hat inzwischen die Kutsche versorgt. Jetzt wird alles klar. "Sag mal, wunderst
du dich nicht über Freifrau von Vrå?" "Freifrau von was? Spinnst
Du jetzt total und nennst deine Hündin bei einem so edlen Namen?"
...Joachim runzelt seine Stirn und sieht mich fragend an.
Ganz ruhig, nichts anmerken lassen.
Was ist passiert? Seit wann die Hündin nicht mehr in der Lage
sich zurückzuverwandeln? Warum ist Joachim von Hitzhusen der Meinung
Freifrau von Vrå war immer eine Hündin, obwohl er doch um den
Zauber weiß? Warum hat er das Gefühl, ich war lange weg? Wieso
ist hier tatsächlich Hochsommer? Vor drei Tagen war tiefster Winter.
Was ist mit der Zeit geschehen? Wieso kommen mir die drei Tage kurz vor,
während Joachim von Hitzhusen seine Kutsche schon fast abgeschrieben
hat? Ich darf mir nichts anmerken lassen. Mit Menschen, die alles hinterfragen
wird hier kurzer Prozeß gemacht. Jetzt weiß ich es. Es begann
alles, als wir die Frau bei dem freundlichen Schloss zum ersten mal sahen.
Ich wußte, die kenne ich. Wieso konnte sie mit ihrer Kutsche ohne
Kutscher fahren. Ich muß zu ihr zurück. Ich muß sie wiedersehen.
so schnell wie möglich und die Freifrau von Vrå muß mitkommen,
egal ob Hündin oder Mensch. Wir müssen sofort morgen früh
in die West-Welt aufbrechen. In unsere neue Welt.
Am nächsten Morgen geht es
zu Fuss mit den ersten Sonnenstrahlen los. Im Haus schäft noch alles
und das ist mir ganz lieb. Kein großer Abschied, keine weiteren Merkwürdigkeiten.
Schon nach kurzer Zeit finden wir eines von diesen neuen Fuhrwerken für
viele Menschen und Tiere. Dieses fährt in die West-Welt. Das ist unser
Weg. Irgendwie bin ich traurig wegen Freifrau von Vrås Situation,
obwohl es jetzt einen Vorteil hat: man muss im Fuhrwerk nur für eine
Person zahlen.
Es wird schnell sehr heiss und die
meisten dösen während dieser schaukelnden, staubigen Fahrt vor
sich hin. In einigen Stunden kommen wir an die Grenze und bis dahin kann
auch ich ein wenig einnicken im sanften Geschaukel des riesigen Wagens.
“Auf, auf, alles raus. Schnell,
wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.” Das ist schon die Grenze. Alle müssen
raus. Wo ist die Hündin? Ein Glück, sie scheint sich gerade mit
dem Hauptmann angefreundet zu haben. “Hey, ist das deine? Du hast eine
tolle Hündin. Meine Frau würde auch gern so eine haben. Aber
wir können uns so ein teures Wesen nicht leisten. Wir haben so eine
Wald- und Wiesenmischung ...und dann die vielen Katzen” – er bekommt jetzt
so einen verklärten Blick – “...na und dann die vielen Kinder. So,
ihr könnt schon mal passieren. Der Wagen fährt jetzt nach drüben.
Steigt am besten gleich wieder auf. Geht es so, soll ich helfen?” Die Hündin
springt aus dem Stand mit einem Satz hoch. Ich beeile mich hinterher zu
kommen. Welche zuvorkommenden Fragen an der Grenze: “Vielen Dank, es geht
so ...und einen schönen Tag noch”. Das mit der Hündin ist praktischer
als alle Passierscheine dieser Welt. Ein Hauptmann hilft uns an der Grenze.
Das glaubt mir niemand. Wo bleiben die anderen?
Nach einer endlosen Zeit kommen
die restlichen Passagiere. Nur zwei erscheinen nicht wieder, sie bleiben
verschwunden. Vielleicht hat einer der Wächter die Schärfe seines
Schwertes geprüft. Einige, der jetzt zurückkommenden Mitreisenden
gucken uns neidisch an. Die meisten haben einen freundlichen Blick für
uns. Es geht anruckend langsam los, weiter nach Westen. Immer weiter Richtung
Meer. Jetzt fällt es mir auf: auch hier ist es warm. Ja, es ist Sommer.
Irgendjemand spricht leise mit seinem Nachbarn. Sie unterhalten sich flüsternd
über den so plötzlich verschwundenen Winter, der ab sofort nicht
mehr vorkommen darf. Man hat sich global mit der Sonne geeinigt, die gesamte
Welt wird um etwa 20 Grad zusätzlich erhitzt. Das ist besser für
alle, so lautet angeblich der Beschluss aller oberen Räte.
Mit der Sonne geeinigt? Wie soll
das gehen? Wenn die Führer dieser Welten hier keine Ausrede gebraucht
haben? Ich weiß nicht, was ich glauben kann von solchen Aussagen.
Stimmt es eventuell doch, was ich neulich gehört habe: es gibt mehrere
Welten und alles was nach aussen ausstrahlt, betrifft dann alle Welten
gleichzeitig. Vielleicht hat eine der Welten unser Klima zerstört
und jetzt fangen wir alle an zu braten. Zumindest würde das die Wärme
erklären. Im Moment hilft es mir nicht, wenn ich darüber nachdenke.
Mal sehen, was als nächstes kommt.
Der Wagen schaukelt uns wieder in
diese sanfte Stimmung. Der hochgewirbelte Staub der Strasse kriecht langsam
in jede Ritze. Fast alle dösen wieder vor sich hin. Ab und zu hält
das riesige Gefährt: einige steigen dann aus oder ein. Eine Zeitlang
fahren wir am grossen Wasser entlang. Dort sind ein paar Fischerboote zu
sehen. Jetzt entsteht plötzlich Aufregung: das hat hier noch keiner
gesehen. Mitten im grossen Strom sind auf einmal grosse Fische aufgetaucht.
Einer spricht von Delfinen, wie auch immer die heissen: ein ganzer Schwarm
schwimmt dort. An der Küste, etliche Stunden flussabwärts kommt
so etwas schon manchmal vor. Aber hier? So etwas hat es hier wohl noch
nie gegeben. Der Wagen kommt zum stehen. Es neigt sich inzwischen gefährlich
zur Seite. Alle wollen die Fische sehen und lehnen sich deswegen zu Wasserseite
aus dem Gefährt heraus. Dem Kutscher blieb nichts anderes übrig,
als das Gefährt zu stoppen. Er flucht ein wenig, aber eigentlich ist
er ganz froh, denn so kann er sich dieses Schauspiel in Ruhe ansehen. Die
Zeit holen wir nachher sicher wieder rein ...und wenn nicht, dann eben
nicht.
Nach kurzer Zeit schwimmt der Schwarm
wieder Richtung Küste und wir fahren weiter. Es gibt hier ab und zu
kleine Siedlungen. Vor allem gibt es herrliche Landhäuser und grosse
Gutshöfe. Reiter überholen uns und wir überholen manchmal
Bauernfuhrwerke. “He, du, jetzt solltest du aussteigen. Da vorne gibt es
einen Weg durch das Gebiet der freien Königin, der für dich kürzer
ist, als wenn du durch das kleine Moor gehst.” “Danke, bis bald. Komm Hündin
es geht zu Fuss weiter.” Zum Glück hatte ich einem ortskundigen Mitreisenden
meinen neuen Standort geschildert. Jetzt sparte das Zeit und der Weg soll
sogar der schönere sein. Also auf...
Da vorne sehen wir manchmal durch
die lichten Bäume in einiger Entfernung den Turm der 1000 Seelen,
obwohl wir noch mitten im Gebiet der freien Königin sind. Es dämmert
jetzt schon ein wenig. Die vereinzelten hohen Bäume knarren manchmal
im aufkommenden Wind. Und jetzt wird hier deutlich, daß die Hitze
mit dem Sommer für die Bäume zu schnell war. Es sind noch keine
Blätter an den Bäumen. Die kahlen Äste sehen ein wenig gespenstisch
aus in der Dämmerung.
“Halt, zur Seite, die Königin
kommt!” Ein Reiter taucht plötzlich auf. Ist er so etwas wie die Vorhut
des Trosses der Königin? Und dann ist sie schon da. Ohne Begleitung,
auf einer schneeweissen Kutsche mit sehr hellen Lampen und ...das gibt
es doch nicht ...doch das ist so ...die Kutsche hat keine Pferde und wird
von der Königin irgendwie selbst gelenkt. Wie geht das? Was ist das?
Es ist sehr laut für einen Augenblick ...und schon ist sie wieder
verschwunden. Durch das helle Licht der Kutsche für einen Moment geblendet,
habe ich jetzt den Eindruck, als ob es auf einmal stockfinster ist. Die
Hündin scheint auch ein wenig verwirrt zu sein, so etwas hat sie sicher
auch noch nicht gesehen.
Jetzt beeilen wir uns aber um zum
Turm der 1000 Seelen zu kommen. Nach kurzer Zeit haben wir den Turm erreicht.
Der Tag hat uns geschafft. Jetzt werden wir uns erstmal ausschlafen. Morgen
früh werden wir durch das Moor zum Schloss der rothaarigen Herrscherin
gehen. Ich bin sicher, daß wir dort das Geheimnis der Verwandlung
der Freifrau von Vrå lösen werden. Im Turm wird es schnell ruhig,
nur ganz entfernt höre ich flüsternde Stimmen. Schnell finden
wir Schlaf in unserer neuen Welt. Mein letzter bewußter Gedanke:
Was wohl morgen passieren wird, wie es wohl morgen früh weitergeht? |