Am PC bin ich voller Geschäftigkeit.
Unsere Internetseiten erneuere ich gerade. Die neuen Seiten für "Jeden
Tag mehr bekommen ..." werden gerade übertragen. Dazwischen kommt
eine mail, deren Absender sofort eine Antwort haben will: "Findet das Seminar
auf Sylt nun statt oder nicht?" Ganz eilig, denn er will ein paar Tage
´ranhängen und muss heute noch seinen Urlaubszettel abgeben.
Unter dem Schreibtisch raschelt irgendetwas, was ist das, einfach mal kurz
hinsehen ...
Ehe ich dazu komme, darf ich
wieder ein Gespräch der Freundin meiner Siebenjährigen weiterleiten.
Wir wollen seit einer halben Stunde 'raus, die Sonne scheint wundervoll,
die Zeit läuft und läuft uns weg. Jetzt klingelt es schon wieder,
sicher noch ein Anruf eines ... "Pilla, Jonas, Moin" "Hello, is Claudia
in?" "Hello, just a second" "Claudia, C l a u d i a!?", wo ist Claudia
bloss? Ist sie schon draussen? Gern würde ich den Hörer loswerden,
weitergeben, wir wollten doch hinaus an die Luft. Und dann passiert es,
jetzt sehe ich aus den Augenwinkeln, was da unter dem Schreibtisch geraschelt
hat, mit einem Satz ist der Störer auf dem Schreibtisch und ...
Erstmal kommt Claudia augenrollend,
sichtlich genervt, in vollen "in-der-Kälte-mit-der-Hündin-raus"-Klamotten
von draussen wieder herein. Leise fragt sie: "Wer ist da?", meine Anwort
ist ein Schulterzucken. Dann geht es los: "Ciao, come stai ... si mio marito
parla inglese ... lui é tedesco ..." Ich schalte auf Durchzug. Das
Gespräch ist wohl eines von denen, die jeden zweiten Tag aus Rom oder
so reinkommen. Claudia geht telefonierend, kartenundpendelzusammensuchend,
einhändigschonmalmischend, hinhörend und Erklärungen abgebend
durch den Raum. Das bewundere ich immer wieder an Frauen wie Claudia, so
sechs bis sieben Dinge gleichzeitig machen, ist für die meisten dieser
Wunderwesen, den Frauen keine wirkliche Herausforderung.
Also wieder auf den PC konzentriert
und dann erstmal sehen ob die Übertragung auf den Server ... STOP,
wer kommt da an meinen rechten Arm, ein forderndes, nachhaltiges, drückendes
und gleichzeitig ziehendes Getaste. Ein wenig drehe ich mich und husch,
das war der Sprung von Peter, der auf meinem Schoss landet und gleichzeitig
schnurrend und einrollend seine Position festigt. Er scheint sehr deutlich
zu sagen: "Schluss, mit diesem Blödsinn da am PC, Du hast jetzt Zeit
für uns beide, jetzt kommen die wichtigen Dinge des Lebens. Und bloss
keine Widerrede, klar," Was bleibt mir da übrig, er hat ja Recht.
Warum nicht jetzt diese Zeit geniessen?
Und dann kommt dieses wundervolle
Geräusch, dieses kehlige Schnurren. Das ganze Universum scheint hier
die Wohlfühlgefühle zu einigen. Eigentlich ein unbeschreibliches
Geräusch, denn wenn Du es nicht kennst, sagen die Worte nur einen
Bruchteil und wenn Du es kennst, kannst Du es beschreiben mit Worten? Eine
Zeit der Glückseligkeit, gern lässt er sich jetzt den bereitwillig
hingehaltenen Bauch kraulen. Seine Augen sind sofort zugefallen. Eine Pfote
rutscht leicht melkend am Pullover hoch und verbleibt dort ganz locker.
Jetzt lässt er die Spannung aus dem gesamten Körper und gibt
sich total hin. Das wundervolle Geräusch mündet in ein stummes
Geniessen. Nur unser leises Atmen ist noch zu hören. Peters Zunge
wird jetzt ein wenig zwischen den geöffneten Zähnen sichtbar.
Der PC scheint jetzt überlaut sein Betriebsgeräusch zu verbreiten.
Alles andere ist weit weg.
Claudia kommt leise heran und
damit in unsere kleine Welt, die nach Aussen einen kleinen Schutzschild
gebaut hatte, wie hiess so etwas noch bei der Enterprise? Claudia geniesst
häufiger mit Peter solche Momente und hat auf Entfernung schon unsere
kleine Welt wahrgenommen, sie wartet jetzt geduldig, wie es sich bei uns
entwickelt und zieht sich einfach wieder zurück. Wie im Nebel nehme
ich Alessandro wahr, er, der sonst eher laut alles unterbricht, kommt auch
sehr rücksichtsvoll und zögernd zu uns, denn Alessandro hat von
Peter auch schon seine Lektionen in innerer Ruhe bekommen. Er weiss welch
kostbares Gut hier zu bewahren ist. Seine ohne-Worte-Frage steht nur in
seinem Gesicht, dass tiefgründig lächelt: Wenn ihr fertig werdet,
wollen wir dann noch raus?
Nach einem langen Moment der
Ruhe kommt von Peter dann dieses wundervoll kehlige Schnurren wieder. Leicht,
nur einen kleinen Spalt öffnet er seine Augen: "So, Alter, na siehst
Du, es geht doch. Das nächste Wichtige ist jetzt der Spaziergang in
der Sonne, alle warten auf Dich". Sanft hebe ich Peter auf seinen Sessel,
auf dem er so gern in der Nachmittagssonne liegt. Er scheint dort sofort
wieder fest einzuschlafen. "Tschüss, Danke Peter".
Leise verlassen wir rücksichtsvoll
das Haus. Als wir draussen so die ersten Bewegungen machen, rast wie ein
Blitz Peter an uns vorbei und hinüber auf die andere Seite der Strasse,
wo er "seinen Stromkasten" begrüsst, was er jedesmal macht, wenn er
auf dieser Seite des Hauses rauskommt. Er sieht sich noch ruhig an, wie
Lady sich auf dem reifbedeckten Rasen wälzt. Und dann gehen wir ohne
Peter endlich um die Ecke in den wundervollen, die Welt golden gestaltenen
Nachmittagssonnenschein.
Aus den Augenwinkeln nehme ich
noch Peter im Garten wahr. Er ist uns doch tätsächlich nachgegangen.
Will er kontrollieren, ob wir uns endlich auf wirklich Wichtiges konzentrieren.
Ohne seine massive Unterbrechung hätte ich sicher noch diesen oder
jenen Grund gehabt unseren Spaziergang noch nicht durchzuführen. Später
als ich wieder hier am PC sitze, sehe ich dann die weiteren ach so "dringenden
Mails", die alle noch um die Zeit kamen. Danke Peter für deine Unterbrechung
mit Deinen wundervollen Geräuschen.
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